Sonntag, 10. September 2023

10. September 1898: Elisabeth, die Kaiserin von Österreich, wird ermordet

Im Jahr 1898 reiste die 60-jährige Kaiserin Elisabeth von Österreich (auch als Sissi bekannt), trotz der Warnungen vor möglichen Attentaten inkognito nach Genf in die Schweiz.

Am Samstag, dem 10. September 1898, um 13.35 Uhr verließen Elisabeth und ihre Hofdame Gräfin Irma Sztáray alleine das Hotel „Beau-Rivage“ am Ufer des Genfer Sees zu Fuß, um mit dem Dampfschiff „Genève“ nach Montreux zu fahren.

Als sie die Promenade entlanggingen, näherte sich ihnen der 25-jährige italienische Anarchist Luigi Lucheni.

Laut der Gräfin Sztáray schien Lucheni, als die Schiffsglocke die Abfahrt ankündigte, zu stolpern und machte eine Bewegung mit der Hand, als wolle er das Gleichgewicht halten.

In Wirklichkeit aber hatte er Elisabeth mit einer geschärften, 10 cm langen Nadelfeile, die er in einen Holzgriff gesteckt hatte, erstochen.

Ursprünglich hatte Lucheni geplant, den Herzog von Orléans zu töten, aber der französische Thronprätendent hatte Genf zuvor in Richtung Wallis verlassen. Da er ihn nicht finden konnte, entschied sich der Attentäter für Elisabeth, als eine Genfer Zeitung enthüllte, dass die elegante Frau, die unter dem Pseudonym "Gräfin von Hohenembs" reiste, die Kaiserin von Österreich war.

Die beiden Frauen gingen etwa 100 Meter bis zur Gangway und stiegen ein, woraufhin Sztáray ihren Griff um Elisabeths Arm lockerte, woraufhin die Kaiserin das Bewusstsein verlor und neben ihr zusammenbrach.

Sztáray rief nach einem Arzt, aber nur eine ehemalige Krankenschwester, eine Mitreisende, war verfügbar. Der Kapitän des Schiffes, Kapitän Roux, wusste nicht, wer Elisabeth war, und da es an Deck sehr heiß war, riet er der Gräfin, von Bord zu gehen und ihre Begleiterin in ihr Hotel zurückzubringen.

Da das Schiff jedoch bereits aus dem Hafen herausgefahren war, trugen drei Männer die Kaiserin auf das Oberdeck und legten sie auf eine Bank. Sztáray öffnete ihr Kleid und schnitt Elisabeths Korsettschnürung auf, damit sie atmen konnte.

Dabei bemerkte die Gräfin einen kleinen braunen Fleck über der linken Brust der Kaiserin. Erschrocken darüber, dass Elisabeth das Bewusstsein nicht wiedererlangt hatte, informierte sie den Kapitän über die Identität von Elisabeth, woraufhin das Schiff nach Genf zurückkehrte.

Die Kaiserin wurde von sechs Matrosen auf einer aus einem Segel, Kissen und zwei Rudern improvisierten Bahre ins Hôtel „Beau-Rivage“ getragen. Fanny Mayer, die Frau des Hoteldirektors, eine Krankenschwester, die zu Besuch war, und die Gräfin zogen Elisabeth aus, wobei Sztáray einige kleine Blutstropfen und eine kleine Wunde bemerkte.

Um 14.10 Uhr wurde die Kaiserin Elisabeth von Österreich von den beiden Ärzten Dr. Golay und Dr. Mayer im, die Hotel eingetroffen war, für tot erklärten.

Als Kaiser Franz Joseph das Telegramm über den Tod seiner Frau Elisabeth erhielt, befürchtete er zunächst, dass es sich um einen Selbstmord handelte. Erst als eine weitere Nachricht eintraf, in der die Ermordung beschrieben wurde, wurde er in diesem Punkt beruhigt.

In dem Telegramm wurde zudem um die Erlaubnis gebeten, eine Autopsie durchzuführen, der zugestimmt wurde.

Die Autopsie wurde am nächsten Tag von Dr. Golay durchgeführt, der feststellte, dass die Waffe, die noch nicht gefunden worden war, 8,5 cm in Elisabeths Brustkorb eingedrungen war, die vierte Rippe gebrochen, die Lunge und den Herzbeutel durchbohrt hatte und von oben in das Herz eingedrungen war.

Nach dem Attentat auf die Kaiserin von Österreich flüchtete der Anarchist Luigi Lucheni in die Rue des Alpes, wo er die Mordwaffe in den Eingang von Haus Nr. 3 warf. Kurz danach wurde er von zwei Taxifahrern und einem Matrosen gefasst und dann von einem Gendarmen festgenommen.

Die Waffe wurde erst am nächsten Tag von einem Concierge bei der morgendlichen Reinigung gefunden, der seinen Fund erst am nächsten Tag der Polizei meldete.

Obwohl sich Lucheni rühmte, allein gehandelt zu haben, wurde die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass er Teil eines Komplotts war und auch das Leben des Kaisers in Gefahr war.

Als bekannt wurde, dass ein Italiener für die Ermordung Elisabeths verantwortlich war, kam es in Wien zu Unruhen und zu Repressalien gegen italienische Staatsangehörige. Auch die Empörung über den mangelnden Schutz der Kaiserin war in Österreich sehr groß.

Die Schweizer Polizei war über die Anwesenheit der Kaiserin in Genf informiert worden, woraufhin der Polizeichef des Kantons Waadt den Schutz von  Elisabeth organisiert hatte.

Als Elisabeth aber seine Beamten am Tag vor dem Attentat vor dem Hotel entdeckt hatte, protestiert sie, so dass der Polizeichef Virieux keine andere Wahl hatte, als seine Beamten auf ‚Wunsch‘ der Kaiserin  wieder abzuziehen.

Im Oktober 1898 wurde Lucheni vor das Genfer Gericht gestellt. Er war wütend darüber, dass die Todesstrafe in Genf abgeschafft worden war, und verlangte, dass er nach den Gesetzen des Kantons Luzern verurteilt werden sollte, in dem es noch die Todesstrafe gab.

Während der Verhandlung wurde Lucheni für zurechnungsfähig erklärt, aber als gewöhnlicher Mörder und nicht als politischer Verbrecher verurteilt.

Lebenslang inhaftiert und ohne die Möglichkeit, mit seiner Tat ein politisches Zeichen zu setzen, versuchte er sich am 20. Februar 1900 mit dem angespitzten Schlüssel einer Sardinendose zu töten.

Zehn Jahre später erhängte sich der Anarchist Luigi Lucheni. am Abend des 16. Oktober 1910 mit seinem Gürtel in seiner Zelle, nachdem ein Wärter seine unvollendeten Memoiren beschlagnahmt hatte.

© by Ingo Löchel

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