Montag, 11. September 2023

Der Templerkurier: Die Templerkirche in London

Die Niederlassung des Templerordens in London, der „alte“ Tempel, lag in Holborn, dessen Fundament sich auf dem heutigen Gelände der U-Bahnstation „High Holborn“ befindet.

Doch dieser Londoner Sitz des Ritterordens wurde bald darauf von den Tempelrittern verlegt. Denn im  Jahre 1161 richteten die Templer den „neuen“ Tempel ein, dessen Stätte noch heute ihren Namen trägt.

„Barram Novi Templi“ oder „Temple Bar“, wo Fleet Street und Stand ineinander übergehen, bildeten das Tor zum damaligen Ordensgelände.

Auf seinem Höhepunkt erstreckte sich der „neue“ Tempel in London von Adlwych den Strand hinauf, die halbe Fleet Street entlang zur Themse hinunter, wo der Orden der Tempelritter eine eigene Anlegestelle besaß.

Wahrscheinlich begann kurz nach Entstehung des „neuen“ Tempels der Bau der berühmten Templerkirche (etwa zwischen 1160 und 1165), die im Jahre 1185 eingeweiht wurde.

Die Kirche besteht aus zwei ganz unterschiedlichen Elementen: dem kreisrunden Schiff und dem rechteckigen Altarraum.

Der Rundbau ist der Tradition der Tempelritter entsprechend der Heiligen Grabeskirche in Jerusalem nachempfunden und eines der wenigen Beispiele dieses Typus.

Dem „Transitional Style“ angehörend, also dem Übergang zwischen normannisch-romanischem Stil und frühgotischem Stil, ist er mit seinen Bündelpfeilern und Spitzbogen eine der frühesten gotisch konzipierten Architekturen in England – mit normannischen Reminiszenzen wie dem üppig verzierten Portal und den Säulchen des blinden Triforiums.

Der bestehende Altar wurde 1220 – 1240 erweitert und ist reiner „Early English Style“. Darunter liegt die Krytpa, die ca. 1170 erbaut worden ist.

Im Rondell ziehen die in den Boden eingelassenen Grabplatten der Ritter aus dem 12. und 13. Jahrhundert die Blicke auf sich. Sie lassen noch die Brandspuren der Bombenangriffe während des Zweiten Weltkrieges erkennen. Einige der Ritter liegen mit überkreuzten Beinen da.

Einige dieser Ritter-Grabmäler konnten identifiziert werden. So liegen auf der Südseite der Kirche die Gräber von Sir William Marshall, Earl of Pembroke (gestorben 1219) und seinen Söhnen William (gestorben 1231) und Gilbert (gestorben 1244).

Auf der Nordseite liegt das Grab von Sir Geoffrey de Mandeville, Earl of Essex (gestorben 1144).

Besonders eindrucksvoll sind die grotesken Steinköpfe an den Wänden des Rundhauses. Diese verlorenen Seelen starren, lallen, grinsen und schreien im ewigen Höllenfeuer.

In der Nordwestecke des Altarraumes sieht man im Triforium zwei schmale Schlitze in der Wand. Dahinter verbirgt sich die Büßerzelle.

In diesem Verschlag von 1,50 Meter Länge, in dem man weder liegen, noch stehen konnte, ließ man Walter le Bachelor, Großpräzeptor von Irland, wegen Ungehorsams dem Orden gegenüber verhungern.

Als der Orden im Jahre 1312 aufgelöst wurde, ging der gesamte Besitz der Kirche an den Orden der Johanniter über, die in Clerkenwell, nördlich der City, angesiedelt waren. Der Johanniterorden verpachtete den Besitz an Rechtsgelehrte und Studenten.

Als alle Orden und Klöster unter König Heinrich VIII. aufgelöst wurden, ging auch der „Temple“ nebst Kirche in den Besitz der Krone über.

Im 19. Jahrhundert wurde die Templer-Kirche von Smirke restauriert, ein weiteres Mal nach den schweren Zerstörungen während des Zweiten Weltkrieges.

© by Ingo Löchel

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