Mittwoch, 30. August 2023

Das Reich von Soissons

Das Reich von Soissons, das vom gallorömischen Geschichtsschreiber Gregor von Tours als „Regnum Romanorum“ („Königreich der Römer") bezeichnet wurde, war ein Reststaat in Nordgallien, zwischen Somme und Seine, das den Untergang des Weströmischen Reiches im Jahr 476 überlebte.

Die Herrscher dieses Reiches, insbesondere sein letzter Herrscher Syagrius, wurden von den germanischen Völkern in der Umgebung von Soissons als "Könige der Römer" (lateinisch: Rex Romanorum) bezeichnet.

Ob dieser Titel von Syagrius selbst verwendet wurde oder ob er von den Barbaren in der Umgebung seines Reiches in ähnlicher Weise verwendet wurde, wie sie ihre eigenen Anführer als Könige bezeichneten, ist nicht bekannt.

Das Königreich von Soissons entstand während der Herrschaft des weströmischen Kaisers Majorianus (457-461), der  Aegidius im Jahr 457 zum Magister Militum der gallischen Provinzen ernannte.

Das verbleibende römische Territorium in Gallien im Nordwesten war mit den römischen Besitzungen in der Auvergne, der Provence und dem Languedoc verbunden, die diese mit Italien verbanden.

Während der Regierungszeit des weströmischen Kaisers Majorian(us) wurde dieser Korridor von den germanischen Stämmen annektiert worden, die dadurch Gallien besetzten, wodurch Aegidius  effektiv vom Reich abgeschnitten wurde.

Zwar hatten Majorian(us) und Aegidius die römische Position im größten Teil Galliens wiederhergestellt, doch durch die Ermordung des Kaisers im Jahr 461 verschlechterte sich die römische Position in der Mitte und im Süden Galliens.

Diese Provinzen wurden in den Jahren 462-477 von den Westgoten und den Burgundern annektiert, wodurch die restlichen römischen Gebiete in Gallien isoliert blieben.

Aegidius war mit den Alanen und mit Childerich I., dem König der salischen Franken von Tournai, verbündet und half ihnen, die Westgoten 463 bei Orléans zu besiegen.

Aegidius regierte bis zu seinem Tod im Jahr 464 oder 465 weiter. Sein Nachfolger, Paulus von Angers, wurde kurz darauf getötet. Daraufhin übernahm Syagrius, der Sohn des Aegidius, seinen Platz als Herrscher.

Im Jahr 476 wurde Romulus Augustulus, der letzte weströmische Kaiser von dem Germanen Odaoker abgesetzt, dessen Herrschaft Syagrius nicht akzeptierte. Sowohl Syagrius als auch Odoaker schickten Boten zum Oströmischen Reich, doch der östliche Kaiser Zeno entschied sich dafür, Odoaker anstelle von Syagrius zu legitimieren.

Daraufhin brach Syagrius alle Verbindungen zu Italien und zum Oströmischen Reich ab.

Im Jahr 481 starb der Frankenkönig Childerich und sein Sohn Chlodwig I. wurde fränkischer König, der seinen Machtbereich auf das Reich von Soisson ausdehnen wollte, woraufhin es zum Krieg zwischen ihm und Syagrius kam.

Nachdem Chlodwig Syagrius im Jahr 486 in der  Schlacht von Soissons besiegt hatte, floh Syagrius zum westgotischen König Alarich II, woraufhin die Franken mit Krieg drohten, falls Syagrius nicht an sie ausgeliefert würde.

Daraufhin wurde Syagrius an Chlodwig übergeben, der ihn 486 oder 487 hinrichten ließ.

© by Ingo Löchel

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