Dienstag, 26. Dezember 2023

Das koloniale Spionagenetz in Frankreich

In seiner Doppelrolle als Spionagechef und Botschafter in Frankreich richtete Benjamin Franklin seine Operationsbasis in Paris ein. Er wurde von Silas Deane und Arthur Lee begleitet, die ebenfalls vom „Committee of Congress for Secret Correspondence“ berufen worden waren.

Arthur Lees Bruder hatte seinen Sitz in London, ebenso wie Franklins Schwester, die seit langem eine gute Freundin von Howes Bruder, Admiral Richard Howe, dem Befehlshaber der englischen Flottenoperationen auf dem kolonialen Kriegschauplatz war.

Sowohl Lees Bruder als auch Franklins Schwester leisteten vermutlich ebenfalls Spionagearbeit. (1)

Einer der wichtigsten Agenten der Kolonisten in England war Sir Francis Dashwoods Freund und Parlamentskollege John Wilkes. Dieser war im Jahre 1769 aktiver Freimaurer geworden und übernahm 1774 das Amt des Bürgermeisters von London. Seit den späten sechziger Jahren war er zudem der geheime britische Repräsentant der „Sons of Liberty“. (2)

Den gesamten Krieg hindurch sammelte John Wilkes heimlich Geld für die Kontinentalarmee  und schickte es an Franklin nach Paris. Von dort wurde es entweder nach Nordamerika weitergeleitet oder benutzt, um Waffen oder sonstiges Kriegsmaterial zu kaufen.

Seltsamerweise geht aus einem Brief aus dem Jahr 1777 hervor, dass man Wilkes Tarnung aufgedeckt hatte, ohne jedoch jemals etwas gegen ihn zu unternehmen. (3)

Das britische Spionagenetz wurden offiziell von William Eden, Lord Auckland, geleitet, einem weiteren hohen Amtsträger, der im Jahre 1770 Grand Stewart der Groß-Loge von England geworden war. (4)

Aucklands Spionagenetz stützte sich weitgehend auf Schiffskapitäne die zwischen Frankreich und Nordamerika hin und her segelten. Unter ihnen auch solche, die Depeschen zwischen Franklin und dem Kongress beförderten.

Neben seinen seemännischen Agenten hatte er einen überaus wichtigen Spion in Paris sitzen: Dr. Edward Bancroft, einem berühmten Naturforscher und Chemiker.

Vor dem Krieg war Bancroft eng mit Benjamin Franklin befreundet gewesen und dieser hatte im Jahr 1773 seine Nominierung zum Mitglied der Royal Society gefördert. Ein weiterer Freund Franklins war Silas Deane.

Bancroft wurde, nachdem er nach Paris entsandt worden war nicht nur Deanes, sondern auch Franklins Vertrauter.

Bis 1777 war Bancroft sogar Franklins Privatsekretär geworden. 1779 trat er dann auch der angesehenen Loge „Neuf Soeurs“ bei, dessen Meister Franklin in diesem Jahr war. (5)

Durch Bancroft wurde die britische Regierung nicht nur über die Aktivitäten der Kolonisten, sondern auch über die französischen Pläne zum Kriegseintritt auf dem Laufenden gehalten.

Zudem unterwanderten die britischen Spione unter Lord Auckland den Geheimdienst der Kolonisten ohne jedoch Nutzen daraus zu ziehen. Sir Francis Dashwood fing als Postmininister die Korrespondenz und die Kommuniques der Kolonisten ab und gab sie an Auckland weiter.

Aber da Lord Sandwich Erster Lord der Admiralität war und Admiral Lord Richard Howe die Flotte in den nordamerikanischen Gewässern befehligte, zeigte die Royal Navy die gleiche Saumseligkeit wie das Oberkommando der Armee unter Sir William Howe. 

Benjamin Franklin

Der 17. Januar 1706 in Boston geborene Franklin eignete sich seit früher Kindheit autodidaktisch ein immenses Wissen an. Er arbeitete eine Zeitlang in der Druckerei seines Halbbruders James, für dessen Zeitung „New England Courant“.

1723 ging er nach Philadelphia und nach einem Aufenthalt in London machte er sich als selbstständiger Buchdrucker und Verleger einen Namen. Von 1729 – 1766 war er Herausgeber der „Pennsylvania Gazette“, für die er auch zahlreiche Beiträge schrieb. Dort druckte er am 08. Dezember 1730 die erste dokumentierte Nachricht über die Freimaurerei in Nordamerika. (6)

Franklins Artikel, der eine allgemeine Darstellung der Freimaurerei war, begann mit der Erklärung, dass es mehrere, in dieser Provinz errichtete Logen von Freimaurern gäbe. (7)

Im Februar 1731 wurde er selbst Freimaurer (8) und im Jahr 1734 Provinzial – Großmeister von Pennsylvania. Im selben Jahr brachte er das erste freimaurische Buch eine Ausgabe von „Andersons Constitutions“ heraus.

1749 wurde er von Thomas Oxnard, dem Provinzial-Großmeister von Nordamerika, erneut zum Großmeister von Pennsylvania und 1750 zum Stellvertretenden Provinzial-Großmeister ernannt. (9)

1756 wurde Franklin in die „Royal Society“ aufgenommen, die am 28. November 1660 im Gresham College in London - Holborn als Verein zur Förderung Naturwissenschaftlicher Experimente gegründet worden war,  die damals immer noch stark in Richtung Freimaurerei tendierte.

Mehrere Gründungsmitglieder der „Royal Society“, waren Freimaurer, darunter  Robert  Moray und Elias Ashmole.

Zwischen 1756 und 1762 sowie zwischen 1764 und 1775 verbrachte Franklin sehr viel Zeit in England und Frankreich. So besuchte er unter anderem im Jahre 1760 die Großloge von England in London. (10)

Bis 1775 war Franklin Stellvertretender Postminister der amerikanischen Kolonien. In dieser Eigenschaft hatte er enge Freundschaft mit den amtierenden britischen Postminister Sir Francis Dashwood, der ebenfalls freimaurerische Beziehungen besaß,  und dem Earl of Sandwich geschlossen.

Da das Amt des Postministers Zugang zu praktisch allen Briefen und sonstigen Kommunikationen gewährte, war es traditionsgemäß auch das Amt des Spionagechefs.

Als sich 1776 der Konflikt in den Kolonien zu einem Unabhängigkeitskrieg ausweiteten, wurde Franklin (bis 1785) Botschafter in Frankreich.

1778 trat er in Paris einer besonders bedeutenden französischen Loge, der „Neuf Soeur“ (Neun Schwestern) bei, der so einflussreiche Persönlichkeiten wie John Paul Jones und Voltaire angehörten. Am 21. Mai 1779 wurde er Meister dieser Loge und 1780 wiedergewählt.  (11 + 12)

Im Jahre 1782 schloss er sich einer geheimnisvollen Freimaurervereinigung an, der „Royale Loge des Commandeurs du Temple a l’Ouest de CarcarsSonne“ (Königliche Loge der Kommandeure des Tempels westlich von Carcarsonne)  (13)

Benjamin Franklin verstarb am 17. April 1790 in Philadelphia, Pennsylvania, USA.

William Franklin

Nicht viele Wissen, dass Benjamin Franklin einen Sohn hatte. William Franklin wurde 1729 geboren. 1752 wurde er als Freimaurer in die  Loge Nr. 1 in Philadelphia aufgenommen.

Im Krieg gegen die Franzosen diente er als Hauptmann, danach als Postminister (1754-1756) und schließlich als Gouverneur von New Jersey (1763 – 1776).

Danach wurde William Franklin von den Kolonisten verhaftet, weil er ein bekannter Royalist war, jedoch 1778 wieder entlassen.  Ab 1782 diente er in der britischen Flotte, wo er am 17. November 1813 starb. (14)                            

 © by Ingo Löchel


  • (1) Gruber: The Howe Brothers and the American Revolution
  • (2) Maier: From Resistance to Revolution
  • (3) Brief von Reverend  John Vardill an William Eden, Leiter des britischen Spionagenetztes: British Library, Add. Mss 34414, f. 427
  • (4) Akten der Vereinigten Großloge von England, London Einstein: Divided Loyalties
  • (5) Amialble: Une Loge marconnique d’avant 1789 : la R.L. Les Neuf Sœurs
  • (6) Cook: Colonial Freemasonry
  • (7) Cook: Colonial Freemasonry
  • (8) Lafontaine: Benjamin Franklin
  • (9) Tatsch: Freemasonry in the Thirteen Colonies
  • (10) Tatsch: Freemasonry in the Thirteen Colonies
  • (11) Amialble: Une Loge marconnique d’avant 1789 : la R.L. Les Neuf Sœurs
  • (12) Tatsch: Freemasonry in the Thirteen Colonies
  • (13) Lafontaine: Benjamin Franklin
  • (14) Tatsch: Freemasonry in the Thirteen Colonies

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

19. Mai 1536: Königin Anne Boleyn wird hingerichtet

Gegen Ende April 1536 wurde Mark Smeaton, ein flämischer Musiker in Königin Anne Boleyns Diensten verhaftet. Er leugnete zunächst, der Ge...